Der vollständige Text ist noch nicht ganz fertig, trotzdem, die Leseprobe ist fertig. Ich wünsche viel Spaß!!!
Marlies in Gefahr
„Komm Poline!“, sagte Jackie. Sie ritt mit ihrem Pflegepferd, dem „Jahrhundertpferd“ gerade die wichtigsten Gangarten, Schritt, Trab, Galopp. „Super Jackie!“, lobte Sabine. Jackie strahlte. An der Bande klatschten Jessy und Maddie begeistert Beifall. „Werdet ihr euch das mit dem Reitverein überlegen?“, stichelte Sabine, die die beiden gerne unterrichtet hätte. „Ja, wir sind schon abgemeldet.“, sagte Maddie. „Könnten wir denn bei euch reiten lernen?“, fragte Jessy schüchtern. „Klar könnt ihr.“, sagte Sabine. „Wenn ihr wollt, dann fangen wir gleich an. Jessy, du kannst Dancer nehmen und Maddie nimmt bitte, Hmm, du könntest Atlantika nehmen. Beide Wallache sind sehr lieb.“ Maddie und Jessy machten sich daran, ihre Pferde zu suchen, während Jackie noch eine Runde galoppierte, dann in den Trab fiel und im Schritt zu Sabine herüber ritt. „Sie ist wirklich ein tolles Pferd. Aber genauso wie Alpha.“, sagte Sabine und streichelte Poline. Jackie wurde verlegen. Sie hatte die Geschichte um Poline noch niemandem erzählt. Schnell sattelte sie Poline ab, putzte sie schnell über und brachte sie in den Stall. „Hallo Jackie, du bist toll geritten!“, sagte Maddie, als Jackie in die Sattelkammer gekommen war. „Danke, war doch gar nicht so gut.“, sagte diese verlegen. „Welcher Sattel ist Dancer`s?“, fragte Jessy. „Der hier.“, sagte Jackie. „Und der gehört zu Atlantika.“, sagte Jackie und zeigte auf einen anderen Sattel. „Okay, danke!“, riefen die beiden und Jackie ging in die Reithalle zu Sabine. „Setz dich.“, sagte Sabine und Jackie nahm auf der kleinen Sitzbank platz, die eigentlich für die Reitlehrerin gedacht war. „Alles klar?“, fragte Sabine. „Was willst du?“, fragte Jackie. Wenn Sabine ein Gespräch so anfing, dann würde es spannend werden. „Ich würde mir gerne ein Pferd kaufen, einen schönen Hengst, doch ich habe keinen geeigneten Stall bei uns zu Hause, und ich wollte fragen…“ – „Ob der Hengst bei uns stehen könnte.“, beendete Jackie den Satz. „Genau.“, sagte Sabine. „Könntest du vielleicht mit Dave reden? Mich ignoriert der komplett.“ – „Okay.“, sagte Jackie schulterzuckend. Dann kamen Jessy und Maddy in die Bahn geritten. „Alles okay?“, fragte Sabine die beiden neuen. „Ja, alles bestens.“, sagte Maddy und Jessy stimmte ihr mit einem Kopfnicken zu. „Okay, dann werdet ihr – zumindest im Schritt – alleine reiten! Wir reiten linke Hand, das bedeutet linksherum. Bitte anreiten im Schritt!“, sagte Sabine und Maddie und Jessy trieben ihre Pferde an. „Und, wie ist es alleine zu reiten?“, fragte Sabine nach einer Weile. „Super!“, rief Maddie. „Finde ich auch.“, sagte Jessy und klopfte Dancer den Hals. Jackie hatte nur stumm auf der Bank gehockt und zugeschaut. „Können wir heute noch hierbleiben?“, fragte Maddie, als die drei Freundinnen im Stroh in der Stallgasse saßen. „Klar.“, sagte Jackie und strich mit ihren Fingern durch loses Stroh. „Ich würde gerne bleiben.“, Jessy setzte ihren Reithelm ab, warf die Stiefel in eine Ecke und stieg bis ganz nach oben, wo Jackie saß. „Ich muss Dave fragen.“, sagte Jackie. „Aber sonst sind wir auch einfach gekommen, ohne dass Dave etwas wusste.“, Maddie verschränkte die Arme. „Schon, aber es geht um etwas anderes“, sagte Jackie. Sie war unsicher, ob sie ihren Freundinnen Sabines Problem erzählen sollte. „Sie werden ihn eh bald kennenlernen.“, dachte sich Jackie. „Es ist wegen einem eventuellen Pferd.“, setzte Jackie ihre Rede fort. „Cool!! Männchen oder Stute?“, wollte Maddy wissen. „Ein Hengst.“, sagte Jackie und häufte sich einen Strohhalm über den nächsten. „Wie wird er denn heißen?“, fragte Jessy interessiert. „Das weiß ich nicht.“, sie kaute an ihren Fingernägeln. „Aber Sabine hat ihn gekauft und hat keinen Stall. Wird wohl ein Springpferd sein.“, sagte sie. „Und wieso kein Rennpferd?“, fragte Maddie. „Weil nur, am besten Englische Vollblüter an Rennen teilnehmen dürfen, auch, wenn sie noch so begabt sind. Er aber ist ein Araber.“, sagte Jackie und holte tief Luft. „Ich denke, er wird sich mit Alpha und Poline gut vertragen.“ – „Ja, glaub ich.“, sagte Maddie und schaute nach oben. „Dort oben müsste mal gefegt werden!“ – „Ach, das geht noch. Guck dir doch mal den Reitverein Thomäne und Thommsen an! Da ist es viel schlimmer!“, entrüstet sah Jackie ihre Freundin an. „Also, was machen wir jetzt?“, fragte Jessy, die einem Streit entgehen wollte. „Wir könnten auf den Springplatz üben – Theorie, ihr wisst schon.“, sagte Jackie. Sie hatte sich schon immer für den Springplatz interessiert. Doch sie war noch nie gesprungen. „Das hier sind Cavalettis“, sagte Jackie und zeigte auf einen kleinen Sprung. „Ich springe mal rüber.“, sagte Maddie und tat so, als wäre sie ein Pferd. Jessy und Jackie lachten. „Jetzt ich!“, Jackie nahm Anlauf und tat so, als würde ein Pferd versuchen, den Reiter abzuwerfen. Jessy wollte nicht. „Ich möchte einfach nicht.“, sagte sie zur Begründung. „Alles klar.“, sagte Jackie. Die Mädchen gingen ins Wohnhaus.
„Hallo Jackie!“, begrüßte Dave seine Stieftochter. „Hallo Dave“, sagte Jackie, erstaunt über so viel Höflichkeit. „Ah, das sind ja deine beiden Freundinnen! Judith und… Marie, nicht?“, stumm gaben Jessy und Maddy Dave die Hand. „Eigentlich Jessica und Madeleine.“, sagte Maddie, als sie Daves Hand schüttelte. Der sagte nichts und ging zurück an den Tisch, zu seinem Kaffee. „Alles klar?“, fragte Jackie ihren Stiefvater. „Was soll sein?“, fragte er, als sei das reine Routine. Jackie schüttelte den Kopf und stieg die Wendeltreppe hoch, die zur oberen Etage führte. „Endlich allein.“, seufzte Jackie und ließ sich auf ihr Bett fallen. Ihre Freundinnen nahmen auf dem Teppich Platz. „Was jetzt?“, fragte Maddie. „Liegen.“, sagte Jackie erschöpft. „Ausruhen. Dann wieder Aufstehen. Spielen.“ – „Toll.“, sagte Maddie wenig belustigt. „Wir könnten zu mir fahren.“, grübelte Maddie. „Du warst ja noch nie bei mir.“ – „Stimmt.“, sagte Jessy. „Wegen mir, okay!“, sagte Jackie. Sie standen auf, schlossen ihre Fahrrader auf und fuhren vom Hof.
„Madeleine? Bist du wieder da?“, das waren die ersten Worte, die Jackie von Maddie’s Mutter vernahm. „Ja, habe zwei Freundinnen mitgebracht!“ Jackie sah sich um. In dem beleuchteten Flur wimmelte es nur so von Bildern, die Maddie beim Sandkuchen backen, beim Baden oder beim Planschen in der Badewanne zeigten. „Sie ist Einzelkind.“, sagte Jessy leise. „Sie wird ziemlich verwöhnt.“ Jackie nickte stumm. Sie war ja selbst ein Einzelkind. „So, da bin ich. Gehen wir hinauf in mein Zimmer?“, Maddie kam mit einem Tablett voller Fressalien aus der kleinen Küche. Jessy und Jackie folgten Maddie eine große Treppe hinauf. „Das hier ist mein Zimmer.“, sagte Maddie und bat Jessy, eine Tür aufzustoßen. „Boa“, war das Einzige, was Jackie hervorbringen konnte. So ein großes Zimmer hatten noch nicht einmal Michelle und Dave! „Ist es nicht wundervoll?“, fragte Maddie. Damit hatte sie Recht. Es war sehr schön eingerichtet. Die Wände waren in zartem Rosa und die Möbel alle weiß. Über ihrem Bett hingen ein paar Pferdebilder, Bilder, die Zasta zeigten, die Calendo zeigten und die drei Freundinnen in Reitsachen. „Schön.“, sagte Jackie. Sie setzte sich auf den Stuhl, der am Schreibtisch stand. Maddie und ihre Freundin setzten sich auf Maddie’s Bett. „Kennt ihr schon Saduko?“, fragte Maddie. „Nein, wer ist das?“, fragte Jackie. „Saduko ist mein Kater. Er ist ganz weiß. Normalerweise ist er immer hier, wenn ich nach ihm rufe.“, sagte Maddie und streckte sich. „Was machen wir jetzt?“, fragte Jackie. „Liegen. Ausruhen. Dann wieder Aufstehen. Spielen.“ – „Toll!“, rief Jackie verärgert und stand auf. „Scherz.“, sagte Maddie und setzte sich wieder auf. „Mir fällt nix ein.“, sagte sie einige Zeit später. „Schatz, kommst du mal bitte?“, rief Maddie’s Mutter von unten. „Ich komme!“, schon sprang sie die Treppe hinunter. Jackie und Jessy folgten ihr. „Du, Schatz, ich habe gerade hier ein Prospekt.“, Maddie’s Mutter zeigte auf eine kleine Zeitung mit einem Pferd auf der Titelseite. „Ich habe etwas gefunden, was dich interessieren könnte.“, sagte Frau Thailer und zeigte auf einen Cowboy. „Du magst doch so gerne Pferde Abenteuer Geschichten. Da dachte ich, du könntest an einem Wanderritt im Wilden Westen teilnehmen!“ Jackie blieb die Spucke weg. Seit sie klein war, hatte sie immer von einem mehrtägigen Wanderritt geträumt. „Nee.“, winkte Maddie ab. „Das ist nichts für mich. Dann lieber das klassische – Reiterferien!“ Jackie blieb der Mund offen stehen. „Frau Thailer, wo gibt es diesen Prospekt?“, fragte sie ganz benebelt. „Beim Buchhändler. Aber du kannst den hier haben, die bieten nur Western an.“ – „Danke.“, sagte Jackie. Auch Jessy zeigte sich begeistert. „Super! Das klingt ja toll.“, sagte sie. „Finde ich auch.“, sagte Jackie und steckte den Prospekt schnell in ihre Tasche, bevor die Mutter von Maddie es sich noch einmal anders überlegte. „Ja, das war es dann.“, sagte Maddie’s Mutter. Die Mädchen gingen zurück in Maddie’s Zimmer.
Es hatte begonnen zu regnen, als Jessy und Jackie auf ihre Räder stiegen und in Richtung Zuhause fuhren. „Tschüss!“, riefen sich Jessy und Jackie zu, als Jackie in eine Seitenstraße einbog, die zu ihrem Haus führte. Jackie zog die Kapuze ihrer Jacke noch tiefer ins Gesicht. Sie dachte an den Prospekt, der in ihrer Tasche lag. Sie war fest entschlossen, an diesem Ritt teilzunehmen, von dem Frau Thailer erzählt hatte. Vielleicht könnte sie ja sogar Poline mitnehmen…? Diesen Gedanken schüttelte sie aus dem Kopf. Poline gehörte nicht ihr, und ihre Mutter übernahm nicht gerne Verantwortung. Außerdem war da noch Kathrin, die Reitlehrerin des Reitvereins Thomäne und Thommsen. Zu hause angekommen kramte sie den Prospekt heraus und legte ihn auf den Tisch in der Küche. Niemand war daheim. Dave arbeitete im Büro und Michelle trainierte noch mit einem anderen Pferd, in das alle so viel Hoffnung legten. Jackie hatte es noch nie gesehen. „Da bist du ja.“, erschöpft knallte Michelle die Haustür zu. „Hurrikan ist einfach wunderbar!“ – „Wer ist Hurrikan?“, wollte Jackie wissen. „Das Pferd von Sabine. Hat ihn gerade vorbeigebracht. Ich sollte dir noch sagen, dass du nicht mehr mit Dave sprechen musst, sie hat alles mit mir abgeklärt.“ – „Aber… ich dachte er ist ein Araber, der Hurrikan?“, fragte Jackie verdutzt. „Nein. Er ist ein Englisches Vollblut. Wusstest du das nicht?“ Jackie zuckte die Schultern. Nun entdeckte Michelle die Broschüre. „Was hast du denn da eingeschleppt?“, wollte sie wissen. Doch nach ein paar Seiten Blättern wusste sie schon, was Jackie wollte. „Du willst Western Reiten?“, fragte Michelle und sah ihre Tochter an. „Nicht unbedingt, nur, es ist so, ich träume schon seit ich klein bin von einem Wanderritt. Und da bietet sich die Gelegenheit doch an…“, sie sah zu Dave, der gerade zur Tür hereinkam. „Alles klar?“, fragte er. Jackie sah ihn nicht an. Michelle grübelte. „Dave, was meinst du?“ – „Was soll ich meinen?“, er kam zu Michelle an den Tisch. „Aha.“, sagte er, nachdem er den Artikel über die Westernranch Mountain Cowboys gelesen hatte. „Du willst nach Westen.“, sagte er dann ernst und sah Michelle an. „Ich hätte nichts dagegen.“, sagte er dann. Du willst mich nur loswerden dachte Jackie. „Ich denke auch. Du darfst dahin, Jackie.“, sagte Michelle, die jede Entscheidung Daves für die Richtige hielt. „Danke, Dave und Mama.“, sagte sie dann und umarmte ihre Mutter. Dave gab sie die Hand. „Gern geschehen.“, brummelte er und ging in sein Arbeitszimmer. „Was macht er da eigentlich?“, wollte Jackie wissen. „Das weiß glaub ich niemand.“, lachte Michelle. „Ich darf da ja noch nicht einmal zum Saubermachen hinein!“ Die beiden diskutierten noch ein Weilchen darüber, ob er jetzt Leichen dort versteckt hätte, oder ob er Schweine schlachtete. „Die armen Tiere!“, lachte Jackie. Michelle sah auf die Uhr. „Es gibt bald Abendessen. Magst du bitte die Anmeldung oben ausfüllen?“ – „Okay.“, sagte sie und ging.
„Mal sehen, Name, Adresse… Gecheckt.“, murmelte Jackie vor sich hin. „Alter, 12 Jahre, Reitkenntnisse ja, im Westernreiten nein, Eigenes Pferd oder Pflegepferd…“, sie dachte kurz nach. „Ja.“, trug sie dann in das freie Kästchen ein. Dann trug sie noch ein paar Angaben über ihre Person ein und hoffte inständig, dass sie Poline mitnehmen durfte, um nicht auch noch das Western Reiten erlernen zu müssen. So ein Pferd von der Ranch war sicher nichts anderes gewohnt.
Der Tag der geplanten Abreise kam näher, inzwischen waren wieder Herbstferien. „Dann sehen wir uns wohl zum letzten Mal vor deiner Western-Tour.“, sagte Jessy traurig, als sie sich am Abend vor der Abreise auf dem Darlean Hof im Stroh trafen. „Ich wünsche dir viel Spaß.“, sagte Maddie. „Ich hoffe, ihr werdet auch viel Spaß in den weiteren Reitstunden haben.“, zähneknirschend saß Jackie oben im Stroh und zupfte einige Halme heraus. Es wieherte aus der hinteren Stallgasse. „Ich werde Poline mitnehmen.“, sagte Jackie und schwang sich von dem Heuboden und ging hinüber zu Calendo’s Box. „Ich werde dich vermissen, mein Guter.“, sagte Jackie in sein Ohr. Der Hengst sah sie an. „Du verstehst nicht, hm? Musst du auch nicht. Ich werde in zwei Wochen wieder bei dir sein.“, versprach sie ihm. Um den Tränen zu entkommen flüchtete sie zu Alpha’s Box. Die Stute senkte ihren Kopf und fraß aus dem Futtertrog, den die Freundinnen vor kurzer Zeit aufgefüllt hatten. Dann ging Jackie weiter zu Poline. Das Pferd sah sie an. „Morgen geht’s ab in den Westen!“, sagte Jackie, etwas traurig, aber auf der anderen Seite freute sie sich auf den Wanderritt.
Jessy und Maddie hatten auf dem Heuboden gewartet, doch nun mussten auch sie gehen. Jackie umarmte die beiden kurz und ging ins Haus. „Mama, ist was?“, fragte Jackie leise, als sie sah, dass Michelle weinte. „Ach nichts.“, schluchzte sie. „Ist was mit Dave?“, fragte Jackie mit ein bisschen Zorn in der Stimme, unterdrücken hätte nichts gebracht. „Nur ein kleiner Streit.“, sagte sie. Jackie spürte, dass sie nicht darüber reden wollte.
Mitten in der Nacht wachte Jackie auf einmal auf. „Ich werde es ihr sagen!“, hörte sie Michelle sagen. Jackie rückte noch näher an die Wand. „Wann?!“, brüllte Dave schon fast. „Den Brief habe ich geschrieben. Als ich ihn geschrieben hatte, habe ich geweint, zum Glück konnte ich ihn rechtzeitig verstecken, bis sie hineinkam.“ Jackie erinnerte sich an den vergangenen Abend. „Mama.“, murmelte sie leise. „Er hat ihr doch was getan.“, sprach sie zu sich selber. „Schlaf jetzt, Liebste.“, sagte Dave. „Ich möchte jetzt schlafen. Und wenn sie in zwei Wochen wiederkommt, möchte ich bitte auch weiterleben, als wüsste ich nichts!“ Dann siegte die Müdigkeit und Jackie schlief wieder ein…
Am nächsten Morgen klingelte der Wecker sehr früh. Mutlos stieg Jackie aus dem Bett. Als sie sich erinnerte, wo sie war und was sie heute tun würde, stieg sie sofort aus dem Bett, zog sich schnell an, nahm ihre Tasche auf den Arm und ging in die Küche. Dort saßen bereits Michelle und Dave mit ihrem Kaffee. Jackie nahm sich einen Milchkaffee. „Jetzt geht’s los?“, fragte Dave. „Nee, weißte!“, sagte Jackie, die keine Lust hatte, so zu tun, als wäre sie die liebe, nette, kleine Tochter. „Schon gut!“, abwehrend hob Dave die Hände in die Luft. „Ich höre ja schon auf. Aber jetzt komm, Iss auf, wir müssen zum Bahnhof!“ Jackie setzte sich in den kleinen Wagen von Dave und sie, Michelle und Jackie fuhren zum kleinen Bahnhof der Stadt. Als sie aus dem Auto ausstieg erlebte sie eine Überraschung. „Marlies!“, rief Jackie. „Du reitest Western?“, fragte Marlies ungläubig. „Nö, aber ich habe Poline mit!“, sagte sie. „Ich hätte auch nicht gedacht, dass du Western reitest.“ – „So ab und zu.“, sagte Marlies und lachte. „Schön, dass du trotzdem mitkommst. Ich war schon einmal auf dieser Ranch. Ist echt cool da.“ Aus der Sprechanlage kam ein Zischen, was wohl bedeuten sollte: „Gehen Sie weg vom Bahnsteig, ein Zug kommt!“ oder so ähnlich. „Da! Das ist unser!“, rief Marlies, die den Zug aus dem letzten Jahr kannte. „Und ich kenne die Uhrzeit. Ist wirklich der.“, sagte Dave, als Jackie ihn ungläubig ansah. Michelle drückte ihre Tochter an sich. „Hab viel Spaß da draußen.“, sagte sie. „Werde ich haben.“, sie winkte noch kurz, dann stieg sie mit Marlies in den Zug. „Hast du was zu knabbern mit?“, fragte Marlies nach einigen Minuten. „Ja, lass mal sehen…“, Jackie stöberte ein bisschen in ihrer Tasche und entdeckte neben einigen Tomaten und Süßigkeiten einen kleinen zusammengefalteten Zettel. Jackie blickte darauf. „Was ist?“, fragte Marlies. „Ach, nichts!“, sagte Jackie schnell. Sie hatte die Geschehnisse der letzten Nacht für einen Traum gehalten. Stumm setzte sich Jackie einen Platz weiter ans Fenster und sah hinaus. Die Natur war an diesem Herbsttag sehr schön. Pferde grasten auf einer fast ganz abgekauten Wiese, einige Bauern trieben ihre trächtigen Rinder in ihre Ställe. Jackie lehnte sich zurück und genoss wunderschöne Blumen. Marlies interessierte die Natur nicht, sie aß gemütlich weiter. Am nächsten Bahnhof stiegen einige Mädchen und Jungen mit Cowboyhüten in den Zug. „Ist hier noch ein Platz frei?“, fragte ein Rothaariges Mädchen mit Cowboyhut und deutete auf den Platz neben Jackie. „Klar.“, sagte sie und legte ihre Tasche vor ihre Füße. „Fahrt ihr auch zur Westernranch?“, fragte Jackie. „Ja. Ich bin Steffi.“, sagte das Rothaarige Mädchen. Dann konnten sich auch die anderen durch die Wagon Tür hindurch quetschen. „Hallo Marlies!“, rief ein Junge. Marlies blickte auf. „Hallo Trampeltier!“, grinste Marlies. „Immer noch Markus!“, grinste der Junge. „Ich bin Jackie.“, stellte Jackie sich vor. „Hi, Jackie.“, sagte Markus. „Sind hier noch Plätze?“, fragte ein Mädchen. „Nein, ihr müsst ins nächste Abteil gehen.“, bedauernd zuckte Marlies mit den Schultern. Markus grinste. „Viel Spaß ihr vier!“, er grinste Jackie zu. „Tschüss.“, sagte Jackie. Sie schloss die Augen und stellte sich vor, wie es wohl wäre, mit Poline durch die Berge zu reiten. Es würde sicher toll werden. „Letztes Jahr gab es ein Lagerfeuer wo alle Gruselgeschichten erzählt wurden.“, erzählte Marlies. „Da müsste Großvater mit.“, brummelte Jackie und erinnerte sich an die schaurigen Geschichten, die der alte Mann ihr schon erzählt hatte. „Außerdem eine Nachtwanderung. Ihr werdet sehen – keine von euch wird bereuen, diesen Urlaub gebucht zu haben!“, beendete Marlies ihr Geschichte. Steffi hatte aufmerksam zugehört, doch Jackie hing immer noch ihren Gedanken nach. Den Zettel hatte sie nicht vergessen – im Gegenteil.
Endlich hielt der Zug. Eine Postkutsche wartete auf die Ankommenden. „Howdy Cowgirls und Cowboys!“, sagte ein Mann mit Cowboyhut. „Hallo Manfred! Wie war das Jahr?“, fragte Marlies, während der ältere Cowboy das Gepäck auf den Wagen hievte. „Och, war wohl ein gutes Jahr. Ich bin Manfred, besitze die Ranch da hinten.“, er deute auf einen kleinen Berg etwas weiter weg. „Hallo Manfred.“, sagte Jackie und streckte dem Cowboy die Hand entgegen. Er schüttelte sie und half Jackie auf den Kutschbock. „Äh, ich verstehe nicht.“, sagte Jackie verwirrt. „Der, der mich zuerst begrüßt, darf vorne bei mir sitzen. Das vergisst Marlies immer.“, er grinste in die Runde. Und nun rein mit euch! Wir wollen noch vor Sonnenuntergang da sein! Jackie setzte sich links auf das Polster. „Na, auch zum Ersten Mal hier?“, fragte Manfred, als alle in der Postkutsche Platz genommen hatten. „Ja. Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, dass mein Pflegepferd Poline kein Westernreiten kennt, und ich auch nicht?“ Sie schaute dem Pferdehänger nach, der die Stute zur Ranch bringen sollte. „Das macht nichts, Kleines.“, sagte er. Stumm ging es weiter. Endlich kam die Ranch vollständig in Sicht. „Meine Pfleger bringen deine Poline in einem Stall um, ich zeige dir gleich wo.“, sagte Manfred. „Okay.“, sagte Jackie leise. Sie war zu aufgeregt um irgendetwas zu sagen. „Wir werden in Gruppen reiten, immer 4 Reiter + Führer. Für eure Gruppe sind Marlies, Du, Steffi und Markus eingeteilt. Ich werde eure Gruppe führen. Die erste Nacht schlaft ihr im Ranch haus oder im Stroh – mir egal.“, sagte Manfred, während er Jackie vom Kutschbock half. Marlies und die anderen waren schon ausgestiegen. „Wer möchte in der Scheune übernachten?“, fragte Manfred. Vier Finger schossen nach oben, Marlies, Jackie, Steffi und Markus. „Gut, dann schlaft ihr in der Scheune. Morgen früh geht es los!“ Erst sahen sie sich den Hof an, dann gingen alle Reiter ihr Gepäck abladen. „Ich schlafe hier!“, rief Jackie und ergatterte den höchsten Strohberg. Unter ihr rollte Marlies ihren Schlafsack aus. Daneben Steffi und ganz unten Markus. „Super.“, sagte Markus, der deutlich am meisten Gepäck mithatte. „Der Stärkste darf ganz unten liegen.“ – „Ja, falls Jackie mal auf mich und Steffi fällt, und wir drei auf dich. Dann kannst du Stärke zeigen.“, lachte Marlies. Das hatte Markus die Sprache verschlagen. Widerwillig packte er seinen Schlafsack aus. Jackie rutschte von oben nach unten um an ihre Sachen heranzukommen. Sie erwischte den Zettel. „Was hast du da?“, wollte Markus wissen. „Meine Sache.“, brummte Jackie. Dann stieg sie wieder zu ihrem Schlafsack hinauf und öffnete den Brief.
„Meine liebe Jackie. Ich hatte nie den Mut, dir die Wahrheit zu sagen. Ich weiß, dass du es sowieso bald herausgefunden hättest, doch ich möchte, dass du es jetzt weißt, lieber jetzt, als in 10 Jahren. Jack hat dir eine Geschichte erzählt – ich weiß. Doch diese Geschichte war anders. Ich habe Jack damals gekannt und wusste, was in ihm vorging. Ich werde dir jetzt die Geschichte erzählen.
Ich habe Jack auf der Universität kennengelernt. Wir beide hatten den Schwerpunkt Pferde. Ja, dann haben wir uns ineinander verliebt und ungeplant wurde ich schwanger. Ja, ich wurde schwanger und gab Jack die Schuld. Ich weiß, das war falsch. Ich wollte das Kind nicht, doch Jack wollte es unbedingt. Jack hatte mich umgestimmt, das Kind – dich – zu bekommen. Als du auf die Welt gekommen bist, habe ich ihn aus dem Haus gejagt. Er hatte wohl etwas mit der Wettmafia zu tun, dachte ich. Aber ich habe falsch gelegen. Glaub mir – es war nur zu deinem Besten, dass ich dir vorher nichts erzählt habe. Es tut mir Leid.
Mama